Verhinderungspflege
Verhinderungspflege
Wofür können Sie Verhinderungspflege nutzen?
Die Verhinderungspflege ist eine Leistung der Pflegeversicherung, deren vielfältige Nutzungsmöglichkeiten häufig den Angehörigen von Pflegebedürftigen nicht bekannt sind. Und dabei ist dies eine Leistung, die Sie sehr flexibel nutzen können. Manchmal wird dieses Budget auch Ersatzpflege genannt.
Was ist Verhinderungspflege?
Bei der Verhinderungspflege handelt es sich um ein Budget der Pflegekasse, das dazu dient, ehrenamtliche Pflegepersonen, wie beispielsweise pflegende Angehörige, zu entlasten. Damit diese in der Zeit der Verhinderungspflege zum Beispiel in den Urlaub fahren, Termine oder Freizeitaktivitäten wahrnehmen können. In dieser Zeit soll es ermöglicht werden, dass der Pflegebedürftige durch eine Ersatzpflege betreut wird.
Höhe der Leistung
Pro Jahr stehen Ihnen aktuell 1.612 für die Verhinderungspflege zur Verfügung. Wird das Budget, dass Ihnen für die Kurzzeitpflege zur Verfügung steht, nicht genutzt, können Sie aus dieser Leistung noch 806 zusätzlich in Verhinderungspflege umwandeln. Dann stehen Ihnen 2.418 jährlich zur Verfügung. Dies müssen Sie lediglich auf dem Antrag vermerken.
Beispiel für den Nutzen von Verhinderungspflege
Sie pflegen Ihren Angehörigen gemeinsam mit einem Pflegedienst und erhalten deshalb eine Kombination aus Pflegesachleistung und Pflegegeld. Nun möchten -Sie für zwei Wochen in den Urlaub fahren. Während dieser zwei Wochen können Sie den Pflegedienst beauftragen, seine Unterstützung hochzufahren, um Ihren Angehörigen zu versorgen. Die Mehrkosten für den Pflegedienst können über die Verhinderungspflege abgerechnet awerden.
Wie bekommt man Verhinderungspflege?
Die Voraussetzungen für diese Leistung sind:
- Ein anerkannter Pflegegrad von mindestens 2
- Der, die Pflegebedürftige muss im häuslichen Umfeld bereits mindestens 6 Monate gepflegt worden sein, also nicht in einem Pflegeheim.
- Diese Pflege muss durch Privatpersonen erfolgen, zumindest teilweise. Das bedeutet hier, dass der Pflegekasse mindestens eine eingetragene Pflegeperson bekannt sein muss.
Antrag
Die Verhinderungspflege muss jedes Jahr bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person neu beantragt werden. Dafür gibt es Formulare auf den Internetseiten der jeweiligen Pflegekasse. Wir empfehlen, die Leistung grundsätzlich für das ganze Kalenderjahr zu beantragen, das erspart mehrfache Anträge. Nutzen Sie pro Person oder Anbieter (z.B. Pflegedienst), die dafür eingesetzt werden sollen, einen eigenen Antrag, das macht es auch für die Pflegekasse übersichtlicher. In diesem Antrag wird nach dem Grund für die Verhinderungspflege gefragt. Es reicht es völlig aus, Entlastung der Pflegeperson anzugeben. Die Pflegekasse hat kein Recht auf genauere Auskunft der Gründe.
Betreuungsmöglichkeiten
Sie können die Verhinderungspflege tageweise oder stundenweise in Anspruch nehmen. Die tageweise Betreuung bei der Verhinderungspflege darf für höchstens 42 Kalendertage pro Jahr in Anspruch genommen werden. Diese 42 Tage müssen nicht direkt aufeinander folgen. Und diese Tagesgrenze greift auch nur, wenn die Verhinderungspflege tageweise in Anspruch genommen wird.
Sie können die Verhinderungspflege auch nur stundenweise in Anspruch nehmen, was dann möglich ist, wenn die Hilfe nicht mehr als acht Stunden am Stück erfolgt. Wenn Sie als pflegende Angehörige also beispielsweise regelmäßig stundenweise eine Entlastung benötigen, können Sie dieses Budget dafür ebenfalls nutzen. Dann greift die 42-Tage-Höchstgrenze nicht.
Wenn Verhinderungspflege nur wenige Stunden pro Tag beansprucht wird, wird das bezogene Pflegegeld zu 100 % weitergezahlt. Erfolgt jedoch die Verhinderungspflege tageweise, d.h. über acht Stunden am Tag, weil die Pflegeperson zum Beispiel im Urlaub oder im Krankenhaus ist, wird für die Anzahl dieser Tage das Pflegegeld um 50% gekürzt. Das sollten Sie bei der Antragstellung und der Planung solcher Situationen beachten.
Wen kann man für die Erbringung der Verhinderungspflege als Ersatzpflege angeben?
Wenn Sie Verhinderungspflege beantragen, geben Sie an, wer Sie als Ersatz vertritt. Sie können Privatpersonen, auch ohne pflegerische Ausbildung, dafür angeben. Sie können aber auch einen Pflegedienst engagieren, der vielleicht während Ihrer Abwesenheit einfach öfter am Tag vorbeischaut.
Pflegeheime, ambulante Pflegedienste und Tagespflegeeinrichtungen können die Leistung Verhinderungspflege mit der Pflegekasse abrechnen. Wenn es sich um einen zugelassenen Anbieter handelt, kann dieser direkt mit der Pflegekasse abrechnen.
Seniorendienste, Seniorenbetreuer und andere Dienstleister im Bereich Pflege und Betreuung stellen Rechnungen aus, die als Verhinderungspflege bei der Kasse nach Antragstellung eingereicht werden können.
Bei der Angabe von Privatpersonen für die Ersatzpflege gibt es Einiges zu beachten:
Bedingung ist, dass die Person, die die Verhinderungspflege durchführt, nicht selbst ebenfalls als Pflegeperson im Gutachten angegeben wurde.
Wenn die Privatperson bis zum 2. Grad mit dem Pflegebedürftigen verwandt ist oder mit ihm im selben Haushalt lebt, kann kein Stundensatz abgerechnet werden. In diesem Fall können pro Pflegebedürftigen einmalig pro Jahr eine Aufwandspauschale und entstandene Kosten geltend gemacht werden.
Für Aufwandspauschale kann dann der 1,5-fache Satz des Pflegegeldes (je nach Pflegegrad) geltend gemacht werden. Beispiel Pfleggrad 2: Es stehen Ihnen 316 Pflegegeld zu, diese werden mal 1,5 gerechnet = 474, die geltend gemacht werden können. Damit ergeben sich folgende Beispielberechnungen für die verschiedene Pflegegrade:
Pflegegrad 2: |
474 |
Pflegegrad 3: |
817,50 |
Pflegegrad 4: |
1.092 |
Pflegegrad 5: |
1.351,50 |
Beträge die maximal als Aufwandspauschale geltend gemacht werden können.
Für die entstandenen Kosten von Verwandten können beispielsweise entstandene Fahrtkosten für Hin- und Rückfahrt mit 20 Cent pro km geltend gemacht werden. Es gibt zudem die Möglichkeit, sich unbezahlt freistellen zu lassen und den dadurch entstandenen Netto-Minderverdienst ebenfalls bei der Pflegekasse einzureichen und erstatten zu lassen.
Privatpersonen die NICHT bis zum 2. Grad mit dem Pflegebedürftigen verwandt ist oder mit ihm im selben Haushalt leben, können einen Stundensatz in Rechnung stellen. Dieser ist frei verhandelbar, wir empfehlen jedoch einen Betrag in der Nähe des Mindestverdienstes, wenn es sich um nicht ausgebildete Personen handelt.
Private Ersatzpflegekraft als Mini-Jobber anmelden
Die Pflege durch nicht zur Familie gehörende Personen kann unter Umständen dazu führen, dass sie diese bei der Mini-Job-Zentrale anmelden müssen. Wenn die Person einen höheren Betrag als das Pflegegeld erhält, wird unter Umständen der Pflegebedürftige zum Arbeitgeber und muss dann die Pflegeperson bei der zuständigen Einzugsstelle anmelden.
Wenn höhere Beträge als das Pflegegeld gezahlt werden, sollten Sie diese Frage mit Unterstützung der Mini-Job-Zentrale klären.
Wie erfolgt die Abrechnung von Verhinderungspflege konkret?
Am einfachsten ist es, im Antrag gleich die Bankverbindung der Ersatz-Pflegeperson anzugeben. Außerdem ist eine detaillierte Übersicht der geleisteten Stunden mit Datum zu erstellen, hierfür genügt eine Excel-Tabelle. Es muss nicht aufgeführt werden, was genau die Pflegeperson in der Zeit gemacht hat.
Auch um die Fahrtkosten abzurechnen, genügt eine Übersicht der Tage, an denen die Ersatzkraft zum Pflegebedürftigen hin oder zurück gefahren ist. Es müssen keine Tankbelege eingereicht werden. Alternativ kann man Bahnfahrkarten vorlegen.
Hier ein Beispiel:
Eine Verhinderungspflege wird über verschiedene Personen organisiert:
Person A ist die Tochter der pflegebedürftigen Person. Sie wohnt in der Nachbarschaft. Deshalb wird für sie die Pauschale des 1,5-fachen Satzes des Pflegegelds abgerechnet (474 bei Pflegegrad 2). Fahrtkosten entstehen nicht.
Person B ist ebenfalls verwandt mit der pflegebedürftigen Person. Sie wohnt aber 50 km entfernt. Da sie jedes 2. Wochenende zur Unterstützung kommt, kann sie 26 Fahrten pro Jahr für Hin- und Rückfahrt geltend machen. 2X50km= 100km x 26 Wochen =2.600 x 0,20 = 520 . Für Person B könnte also eine Fahrtkostenerstattung in Höhe von 520 beantragt werden.
Person C ist nicht verwandt und lebt auch nicht im Haushalt der pflegebedürftigen Person. Sie hat 40-mal eine Betreuung von jeweils 2 Stunden übernommen. Der ausgehandelte Stundensatz beträgt 20. So ergibt sich folgende Rechnung: 40 x 2 Stunden x 20 =1.600 . Auch hier können Sie zusätzlich noch eine Fahrtkostenerstattung geltend machen.
In unserem Beispiel wären also in Pflegegrad 2 folgende Beträge abrechenbar:
474 (A)+ 520 (B) +1.600 (C) = Gesamtbetrag von 2.594 .
Davon könnten Sie 2.418 aus der Verhinderungspflege anfordern. Zur Erinnerung: Es stehen Ihnen 1.612 aus dem Budget Verhinderungspflege zur Verfügung plus ggf. ein Anteil der Kurzzeitpflege von 806 zur Verfügung. Wenn beide Budgets genutzt werden, müssen dann nur noch die restlichen 176 durch die pflegebedürftige Person selbst getragen werden.
Sie können, wie bereits erwähnt, die Kontoverbindungen der jeweiligen Personen angeben oder sie zahlen im Voraus und lassen sich dies quittieren. Dann bekommen Sie die Erstattung von der Pflegekasse zurück.
Leistet eine Person Verhinderungspflege ist sie nicht steuerpflichtig, wenn sie im Rahmen der Nachbarschaftshilfe oder der familiären Unterstützung bei nur einer Person durchgeführt wird. Führt man Verhinderungspflege bei mehreren Personen durch, gilt das als Profession und muss als zusätzliches Einkommen angegeben werden.
Verhinderungspflege rückwirkend abrechnen
Grundsätzlich können Sie, wenn Sie gesetzlich versichert sind, Verhinderungspflege bis zu vier Jahre nachträglich beantragen. Privatversicherte haben drei Jahre Zeit. Im SGB 1, Paragraph 45, Absatz 1 steht: Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind. Sollten Ihnen also in den vergangenen Jahren z.B. regelmäßig Fahrtkosten entstanden sein und Sie sind keine eingetragene Pflegeperson, können Sie das auch im Nachhinein noch geltend machen.
Fazit:
Die Verhinderungspflege ist eine oft unterschätzte oder unbekannte Leistung. Sogar manche Sachbearbeiter der Pflegekassen sind nicht immer über die Nutzungsmöglichkeiten informiert. Informieren Sie sich also als Beantragende(r) gut über Ihre Rechte. Lassen Sie diese Leistung nicht verfallen.