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Pflege und Gesundheit für Unternehmen, Hochschulen, öffentliche Verwaltungen und Institutionen

Verhinderungspflege

Amiravita News, 26. Oktober 2022

Verhinderungspflege

Die Verhinderungspflege (auch oft Ersatzpflege genannt) dient dazu, pflegende Angehörige zu entlasten. Die pflegenden Angehörigen können in der Zeit der Verhinderungspflege zum Beispiel in den Urlaub fahren, Termine wahrnehmen oder einfach mal ins Kino gehen. Bei der Verhinderungspflege können unterschiedliche Betreuungsformen in Anspruch genommen werden, z.B. ein ambulanter Pflegedienst, ein Pflegeheim oder auch eine private Betreuungsperson.

Beispiele für die Inanspruchnahme der Verhinderungspflege

  1. Sie pflegen Ihren Angehörigen seit 8 Monaten und möchten für zwei Wochen in den Urlaub fahren. In diesen zwei Wochen kümmert sich ein Seniorenbetreuungsdienst sowie ein Pflegedienst um Ihren Angehörigen. Diese Leistungen können Sie mit der Verhinderungspflege bezahlen.
  2. Ihr Angehöriger erhält Pflegegeld und wird von seiner Ehefrau gepflegt. Die Ehefrau hat Rückenschmerzen und kann ihren Mann nicht mehr alleine heben. Ein Pflegedienst wird beauftragt, drei Wochen lang jeden Tag mitzuhelfen, den pflegebedürftigen Ehemann zu waschen, damit seine Ehefrau sich erholen kann.
  3. Eine Tochter pflegt ihren Vater. Ihr wurde eine Reha genehmigt, der Vater möchte aber nicht in eine Kurzzeitpflege. Sie bittet ihre Schwester, die Verhinderungspflege zu übernehmen. Diese arbeitet in der Zeit in Absprache mit ihrem Arbeitgeber reduziert im Home Office bei ihrem Vater, lässt sich am Ende des Monats von Ihrem Arbeitgeber den dadurch entstandenen Minderverdienst bescheinigen. Diese Minderverdienst-bescheinigung reicht sie, zusammen mit den errechneten Fahrtkosten von 0,20 pro km Hin- und Rückfahrt, bei der Pflegekasse des Vaters ein und bekommt die Kosten erstattet.

Wer hat Anspruch auf Verhinderungspflege?

Um die Verhinderungspflege in Anspruch nehmen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es muss mindestens ein Pflegegrad 2
  • Der Pflegebedürftige muss zuvor mindestens 6 Monate in der Häuslichkeit gepflegt worden sein (mit oder ohne anerkanntem Pflegegrad). Wenn der Pflegegrad noch nicht so lange anerkannt ist, kann eine vorherige Pflegebedürftigkeit durch einen Arzt bestätigt werden.
  • Der Pflegebedürftige muss auch von einer privaten Pflegeperson und nicht ausschließlich von einem anerkannten Pflegedienst versorgt werden.

Wie hoch ist das Budget der Verhinderungspflege?

  • Die Pflegekasse bezuschusst 1.612 Euro pro Kalenderjahr. Die Höhe der Leistung ist unabhängig von der Höhe des Pflegegrades.
  • Die Betreuung bei der Verhinderungspflege darf für höchstens 42 Kalendertage pro Jahr in Anspruch genommen werden. Diese Tagesgrenze greift nur, wenn die Verhinderungspflege tageweise in Anspruch genommen wird. Werden am Tag weniger als acht Stunden Verhinderungspflege in Anspruch genommen, spielt die Tagesgrenze keine Rolle.
  • Wenn die Verhinderungspflege weniger als 8 Stunden pro Tag in Anspruch genommen wird, wird das bisher bezogene Pflegegeld zu 100 % weitergezahlt. Wird die Verhinderungspflege mehr als 8 Stunden pro Tag in Anspruch genommen, wird die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes bis zu vier Wochen pro Kalenderjahr weitergezahlt.

Sie können die Leistung Verhinderungspflege erhöhen:

Wenn die Leistung Kurzzeitpflege bisher nicht oder nicht vollständig genutzt wurde, können bis zu 806 Euro der Leistung Kurzzeitpflege zusätzlich für die Verhinderungspflege eingesetzt werden, so dass Ihnen insgesamt 2.418 Euro als Verhinderungspflege zur Verfügung stehen.

Wofür kann die Verhinderungspflege eingesetzt werden?

  • Pflegerische Tätigkeiten durch einen ambulanten Pflegedienst
  • Entlastungsleistungen, z.B. durch einen Seniorenbetreuungsdienst
  • Kurzzeitpflege: Aufenthalt in einem Pflegeheim
  • Bezahlung von privaten Pflege- und Betreuungspersonen, z.B. eine Nachbarin, wenn diese NICHT mit der pflegebedürftigen Person verwandt sind.
    Der Stundensatz, der für die Pflege und Betreuung gezahlt wird, kann frei verhandelt werden. Typischerweise liegt er zwischen 12 und 25 Euro. Die betreuende Person muss Ihnen dafür eine Rechnung ausstellen, die Sie bei der Pflegekasse einreichen können.
  • Mitfinanzierung eines regelmäßigen Besuchs einer Tagespflegeeinrichtung

Möglichkeiten für Angehörige 1. und 2. Grades in der Verhinderungspflege

Angehörige 1. und 2. Grades der pflegebedürftigen Person können über die Verhinderungspflege KEINE Stundenlöhne erhalten. Es gibt aber die Möglichkeit, Kostenerstattungen geltend zu machen. Voraussetzung dafür ist aber, dass diese Person nicht als Pflegeperson bei der Pflegekasse eingetragen ist.

  • Kostenerstattung bei Lohnausfall:
    Es ist Angehörigen 1. und 2. Grades möglich, sich unentgeltlich vom Arbeitgeber ganz oder teilweise freistellen zu lassen und sich den dadurch entstehenden Lohnausfall von der Pflegekasse erstatten zu lassen. Dafür muss zunächst das Einverständnis des Arbeitgebers eingeholt werden. Dieser muss am Ende des Monats, indem die Verhinderungspflege stattgefunden hat, eine Minderverdienstbescheinigung ausstellen. Wichtig ist, dass auf dieser die Einbußen im Nettoverdienst dokumentiert sind, da nur dieser erstattet wird. So besteht möglicherweise die Chance, in dieser Zeit unbezahlten Urlaub zu nehmen, der dann über die Pflegeversicherung refinanziert wird.
  • Aufwandsentschädigung:
    Alternativ zu einer Reduzierung oder Freistellung ist es ebenso möglich, eine Aufwandsentschädigung für die Verhinderungspflege auszahlen zu lassen. Diese ist allerdings jährlich begrenzt auf die 1,5-fache Höhe des monatlichen Pflegegeldes. Diese Summer unterscheidet sich also je nach Pflegegrad. Das bedeutet zum Beispiel, dass einem Angehörigen bei Pflegegrad 2 pro Kalenderjahr maximal 474 Euro ausgezahlt werden können (das monatliche Pflegegeld bei Pflegegrad 2 beträgt 316 Euro). Dieses Geld ist steuerfrei.
  • Fahrtkosten erstatten:
    Die Fahrtkosten zum Pflegebedürftigen können mit 0,20 pro gefahrenem km für die Hin- und Rückfahrt geltend gemacht werden. Alternativ kann auch die Bahnfahrkarte eingereicht werden.

Wie und wo muss die Verhinderungspflege beantragt werden?

Verhinderungspflege muss bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person beantragt werden. Die Pflegekasse schickt Ihnen ein Antragsformular zur Verhinderungspflege zu. Der Antrag muss nicht zwingend im Vorfeld gestellt werden. 

HInweis

Wenn die Pflege, die durch die Verhinderungspflege finanziert wird, 8 Stunden oder mehr pro Tag dauert, wird für diese Tage das Pflegegeld, das Ihre Angehörigen eventuell monatlich bekommen, um die Hälfte gekürzt. Wird die Pflege nur stundenweise beantragt und durchgeführt, bleibt das Pflegegeld voll erhalten. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Person, die die Verhinderungspflege erbringt, nebenher teilweise im Home Office arbeitet. Ebenfalls ist so eine Situation nachvollziehbar, wenn mehr als eine Pflegeperson im Gutachten eingetragen ist, und nur eine davon verhindert ist.


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