
Belastung für pflegebedürftige, chronisch kranke und wetterfühlige Menschen
Der Mai ist für viele Menschen eine Zeit des Aufbruchs – mit wärmeren Temperaturen, blühenden Pflanzen und mehr Tageslicht. Doch das Frühjahr bringt auch Unbeständigkeit mit sich: Sonnenschein und milde Temperaturen wechseln sich mit plötzlichen Kälteeinbrüchen, Regen, Wind oder gar Gewittern ab. Besonders im Mai und Juni zeigt sich das Wetter häufig von seiner launischen Seite.
Während gesunde Menschen diese Schwankungen oft nur als lästig empfinden, stellen sie für bestimmte Personengruppen eine ernstzunehmende Belastung dar. Dazu zählen ältere Menschen, Pflegebedürftige, chronisch Erkrankte und Menschen mit sensibler körperlicher oder psychischer Konstitution. Aber auch jüngere Berufstätige können durch moderne Lebens- und Arbeitsbedingungen zunehmend wetterfühlig werden.
Wetterfühligkeit: Wer ist besonders betroffen?
Wetterfühligkeit ist keine Einbildung, sondern ein reales Phänomen, das sich durch körperliche oder seelische Beschwerden bei bestimmten Wetterlagen oder -wechseln bemerkbar macht. Besonders betroffen sind:
- Ältere Menschen, deren Temperaturregulation nachlässt und deren Kreislauf empfindlicher reagiert
- Chronisch Kranke, etwa mit Rheuma, Arthrose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Migräne oder Atemwegserkrankungen
- Menschen mit Allergien, die durch Temperaturwechsel und Pollenbelastung zusätzlich gereizt werden
- Personen mit psychischen Erkrankungen oder Depressionen, deren Befinden stark wetterabhängig schwanken kann
- Frauen in den Wechseljahren, die durch hormonelle Veränderungen empfindlicher auf Außenreize reagieren
- Menschen mit saisonal affektiver Störung (SAD), die auf Lichtmangel und jahreszeitliche Übergänge sensibel reagieren
- Jüngere Berufstätige, die durch ihren Lebensstil – viel Zeit in Innenräumen, wenig Tageslicht, geringe Bewegung an der frischen Luft – zunehmend sensibler auf Wetterreize reagieren
Letztere Gruppe wird häufig unterschätzt. Viele von uns verbringen den Großteil des Tages in klimatisierten Büro- oder Wohnräumen, und sind nur kurze Zeit draußen unterwegs – sei es auf dem Weg zur Arbeit, beim Einkaufen oder zum Auto. Der natürliche Biorhythmus des Menschen, der sich an Licht, Temperatur und Tageszeit orientiert, wird dadurch zunehmend aus dem Gleichgewicht gebracht. Der Körper „verlernt“ regelrecht, mit Witterungsverhältnissen umzugehen.
Typische Beschwerden bei Wetterwechsel
Wetterfühlige Menschen klagen insbesondere bei raschem Wetterumschwung über:
- Kreislaufprobleme wie Schwindel, niedrigen oder stark schwankenden Blutdruck, Herzrasen oder Müdigkeit
- Kopfschmerzen, Druckgefühl im Kopf oder Migräne, insbesondere bei Föhn oder Luftdruckänderung
- Gelenk- und Muskelschmerzen, häufig durch feucht-kühle Witterung oder Luftfeuchtigkeit
- Verstärkung chronischer Beschwerden, z. B. bei Arthrose, Rheuma, Osteoporose oder Fibromyalgie
- Schlafstörungen, innere Unruhe oder Reizbarkeit
- Verstärkte depressive Symptome, besonders bei Lichtmangel oder Wetterumschwüngen
- Erhöhte Sturzgefahr, da Gleichgewicht und Beweglichkeit durch Kreislaufprobleme beeinträchtigt sein können
Diese Beschwerden sind oft diffus und schwer messbar – doch sie beeinträchtigen die Lebensqualität spürbar und sollten nicht unterschätzt werden.
Was können pflegende Angehörige tun?
Gerade für pflegebedürftige Menschen ist eine stabile Tagesstruktur und körperliches Wohlbefinden essenziell. Wetterumschwünge stellen diese Stabilität jedoch oft infrage. Pflegende Angehörige können hier mit einfachen, aber gezielten Maßnahmen helfen, Beschwerden zu lindern und das Wohlbefinden ihrer Angehörigen zu verbessern:
1. Schutz vor Kälte und Überhitzung sicherstellen
- Zwiebelprinzip bei Kleidung: mehrere dünne Schichten ermöglichen Flexibilität je nach Temperatur
- Räume regelmäßig auf angenehme 20–22 °C temperieren, ohne Zugluft zuzulassen
- Bei Gelenkbeschwerden: Wärmflaschen, Heizkissen oder Wärmesalben gezielt einsetzen
- An heißen Tagen auf ausreichende Kühlung und leichte Kleidung achten – auch Überhitzung ist gefährlich
2. Bewegung fördern – angepasst und sanft
- Tägliche Bewegung, auch im kleinen Rahmen, wirkt positiv auf Kreislauf, Psyche und Muskulatur
- Spaziergänge an der frischen Luft helfen nicht nur dem Körper, sich an Temperaturreize zu gewöhnen, sondern stabilisieren auch den Biorhythmus und fördern die Stimmung
- Bei schlechten Wetterverhältnissen: bewegte Pausen drinnen, z. B. einfache Übungen im Sitzen
3. Auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten
- Besonders ältere Menschen haben ein vermindertes Durstgefühl – regelmäßige Trinkintervalle sind wichtig
Lesen sie hierzu auch Tipps: https://www.amiravita.de/aktuelles/trinken - Mindestens 1,5 Liter pro Tag, wenn medizinisch nichts dagegenspricht
- Warme, leichte Speisen unterstützen den Kreislauf und fördern das Wohlbefinden
4. Tagesstruktur und Schlafrhythmus fördern
- Wetterumschwünge können den inneren Rhythmus stören – regelmäßige Tagesabläufe stabilisieren Körper und Geist
- Feste Essens- und Ruhezeiten, strukturierte Tagesaktivitäten, ein ruhiger Abend fördern guten Schlaf
- Vor allem bei wetterbedingter Unruhe: auf eine entspannte Schlafumgebung achten
5. Raumklima bewusst gestalten
- Regelmäßiges Stoßlüften, um die Luftqualität zu verbessern
- Auf die Luftfeuchtigkeit achten – zu trockene Luft kann Schleimhäute reizen, zu feuchte Luft fördert Beschwerden bei Rheuma
- Tageslicht, Pflanzen oder helle Farben können das Wohlbefinden im Innenraum steigern
6. Frühwarnzeichen ernst nehmen
- Bei plötzlicher starker Müdigkeit, Schwindel, Atemnot oder Schmerzen frühzeitig ärztlichen Rat einholen
- Regelmäßige Blutdruckkontrollen bei Wetterumschwüngen sind bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen wichtig
- Medikamente ggf. in Rücksprache mit dem Arzt anpassen – auch Wetter kann den Bedarf beeinflussen
7. Psychische Unterstützung bieten
- Wetterfühligkeit kann zu Gereiztheit, Rückzug oder depressiver Stimmung führen
- Zuwendung, Gespräche und gemeinsame Aktivitäten können hier stabilisierend wirken
- Spaziergänge, selbst bei bewölktem Himmel, oder Lichttherapie bei starkem Lichtmangel sind hilfreiche Maßnahmen
- Auf emotionale Signale achten und bei Bedarf professionelle Hilfe einbeziehen
Bewusstsein und Achtsamkeit helfen durch den Frühling und Frühsommer
Der ständige Wetterwechsel im Frühling und Frühsommer kann zu einer erheblichen Belastung werden – nicht nur für pflegebedürftige oder chronisch kranke Menschen, sondern auch für gesunde Personen, die durch moderne Lebensgewohnheiten den natürlichen Kontakt zur Umwelt verloren haben.
Pflegende Angehörige sollten in dieser Übergangszeit besonders wachsam sein. Einfühlsame Begleitung, strukturierte Tagesabläufe, frische Luft, angepasstes Raumklima und regelmäßige Bewegung sind einfache, aber wirksame Werkzeuge, um wetterbedingten Beschwerden entgegenzuwirken. Auch Gespräche, emotionale Zuwendung und das Bewusstsein für körperliche und psychische Warnsignale spielen eine wichtige Rolle.
So gelingt es, den Frühling nicht als Herausforderung, sondern als Chance zu erleben – für mehr Achtsamkeit im Alltag, ein stärkeres Körpergefühl und eine bessere Lebensqualität für alle Beteiligten.