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Verwahrlosung im häuslichen Umfeld

Amiravita News, 17. September 2024
© DoraZett – stock.adobe.com

Verwahrlosung im häuslichen Umfeld

Unterstützung älterer Menschen zwischen Möglichkeit und Grenze

Eine drohende Verwahrlosung von älteren Menschen in Ihrer Wohnung ist ein komplexes Problem, welches verschiedene Ursachen haben kann. Um den Betroffenen zu helfen ist neben einer Vielzahl von Maßnahmen, vor allem eine sensible Herangehensweise gefragt. Sowohl die Möglichkeiten zur Unterstützung als auch die Grenzen dieser Hilfe müssen bedacht werden.

Gründe für eine drohende Verwahrlosung

Unsere Gesellschaft besteht aus immer mehr älteren und immer weniger jüngeren Menschen, dies ist Teil der demografischen Entwicklung in Deutschland. Parallel dazu zeigt sich, dass mehr Fälle von sogenannter Dissozialität auftreten. Dies bedeutet, dass immer mehr (ältere) Menschen sich selbst oder ihre Wohnumgebung massiv vernachlässigen, was durch körperliche und kognitive Einschränkungen begünstigt werden kann.  

Es kann zu chaotisch wirkenden Wohnverhältnissen kommen. Dies kann auch ein Anzeichen für ein „Messi-Syndrom“ sein, bei denen viele Güter gehortet und gesammelt werden. Das Thema „Messi Syndrom“ haben wir bereits in einem früheren Artikel aufgegriffen und erläutert. Lesen Sie hier „Artikel zum Messi-Syndrom“. Neben dem Ansammeln ist es hierbei kaum möglich, die Haushaltsführung aufrecht zu erhalten.

Betroffene können damit überfordert sich selbst zu pflegen, wodurch es nicht nur zu mangelnder Körperpflege, sondern auch zu gestörtem Essverhalten kommen kann. Auch dem Bedürfnis nach sozialen Kontakten kann kaum nachgegangen werden.

Warnsignale erkennen und Gespräch suchen

Wenn nahestehender Mensch von Verwahrlosung zu Hause bedroht ist, erfordert das eine einfühlsame, aber gleichzeitig konsequente Herangehensweise. Die Person soll nicht nur praktisch unterstützt werden, sondern auch Würde und Selbstbestimmung möglichst bewahren.

Um zeitnah helfen zu können, ist es wichtig, die Warnsignale für eine drohende Verwahrlosung rechtzeitig zu erkennen:

  • Wohnräume wirken zunehmend unordentlich und verschmutzt
  • Die Körperpflege wirkt schlecht bis mangelhaft und die Kleidung ist oft schmutzig
  • Es ist eine Veränderung des Körpergewichts oder gar eine Mangelernährung zu erkennen
  • Die Person zieht sich zunehmend von Begegnungen mit Menschen zurück
  • Eine Einnahme von Medikamenten und regelmäßige Arztbesuche finden kaum noch statt

Auch wenn die auffallenden Veränderungen dem Umfeld zunehmend Sorgen bereiten, ist es relevant, dass die Themen möglichst behutsam angesprochen werden. In der Regel sind diese sehr schambehaftet. Eine eher ruppige und zu direkte Art die Themen anzusprechen kann mit dazu beitragen, dass sich Betroffene weiter von Ihren Angehörigen zurückziehen.

Es ist wichtig Mitgefühl zu zeigen und Vorwürfe zu meiden. Beschreiben Sie, dass Sie sich Sorgen machen und helfen möchten. Vermeiden Sie es, hierbei direkt Lösungsvorschläge zu machen, sondern versuchen Sie gemeinsam die Gründe für die Entwicklung der Situation zu besprechen. Es ist wichtig, Angehörige emotional zu unterstützen. Verwahrlosung kann oft mit Scham oder Hilflosigkeit einhergehen, und das Gefühl, verlassen zu sein oder zu werden, kann die Situation verschlimmern.

Beistand für die Gespräche nutzen

Je nach Beziehung und Situation ist es nicht immer einfach, Gespräche in der richtigen Art und Weise zu führen. Zudem können wir uns trotz allem nicht von unserer gemeinsamen Vorgeschichte trennen, bei der ein angespanntes Familienverhältnis eine offene Gesprächsführung negativ beeinträchtigen kann. Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu erkennen und sich unter Umständen Unterstützung an Ihre Seite zu holen.

Im Vorfeld kann gemeinsam in der Familie oder im Freundeskreis darüber gesprochen werden, wer einen guten Zugang zu der betroffenen Person hat und am ehesten ein Gespräch suchen kann.

Darüber hinaus kann es wertvoll sein, professionelle Hilfe für die Gesprächsführung hinzuzuziehen. Eine mögliche Anlaufstelle ist hierbei der sozialpsychiatrische Dienst. Dieser wird in der Regel dem Gesundheitsamt zugeordnet und beinhaltet ein multiprofessionelles Team, zu dem Sozialarbeiter gehören, die zum einen mit der Problematik vertraut sind und auch Hausbesuche durchführen können. Auch soziale Organisationen, wie DRK, AWO, Caritas und Diakonie verfügen teils über Beratungsangebote, die den Familien und Betroffenen helfen können.

Unterstützung organisieren

Wenn die betroffene Person sich offen gegenüber Unterstützung von außen zeigt, kann schrittweise Hilfe organisiert werden. Hierbei ist es wichtig, das Thema behutsam anzugehen und nicht zu viel Neues auf einmal einzubringen!

Verschiedene Unterstützungsangebote können je nach Schwerpunkt genutzt werden

  • Eine Haushaltshilfe kann das Reinigen der Wohnung oder das Einkaufen übernehmen.
  • Ambulante Pflegedienste können bei der Körperpflege, beim Kleidungswechsel oder bei einer medizinischen Versorgung helfen.
  • Soziale Dienste oder Besuchsdienst können Gesellschaft leisten und durch soziale Kontakte das Wohlbefinden erhöhen.
  • In einem weiteren Schritt kann auch der Kontakt zu Seniorengruppen oder ähnlichem gesucht werden. Dies orientiert sich stark an den Bedürfnissen und Möglichkeiten der betroffenen Person.
  • Der Mahlzeitendienst kann täglich eine warme Mahlzeit liefern, wodurch die Ernährungssituation verbessert werden kann.
  • Kontakt zu der behandelnden Arztpraxis aufnehmen, um gesundheitliche Einschränkungen zu erkennen, welche die Situation weiter verschlechtern können.

Hinweis: Sollte noch kein Pflegegrad bestehen, ist es sinnvoll dies überprüfen zu lassen, um die Finanzierungsmöglichkeiten zu verbessern.

Auch das Wohnumfeld sollte betrachtet werden. Neben dem „Projekt“ die Wohnsituation schrittweise zu verbessern, stellt sich die Frage, welche Maßnahmen oder Hilfsmittel die Barrierefreiheit und Selbstständigkeit erhöhen können.

Grenzen der Unterstützung

Eine der größten Herausforderungen ist die Balance zwischen notwendiger Hilfe und dem Respekt vor der Selbstbestimmung der betroffenen Person. Einige Menschen möchten ihre Unabhängigkeit bewahren und lehnen Unterstützung daher ab, selbst wenn diese notwendig wäre. Gesetzlich ist die Selbstbestimmung ein hohes Gut, und ein Eingreifen gegen den Willen der Person ist nur in Ausnahmefällen, beispielsweise bei Selbstgefährdung, möglich.

In gravierenden Fällen, wenn Eigeninitiative und ambulante Angebote nicht mehr ausreichen, können behördliche Stellen wie Gesundheitsamt oder das Sozialamt eingreifen. Hierzu zählen Maßnahmen der sozialen Betreuung bis hin zur Unterbringung in einem Pflegeheim, wenn das Leben in der eigenen Wohnung nicht mehr möglich ist.

Viele Situationen lassen sich jedoch durch eine kontinuierliche Herangehensweise zumindest stabilisieren. Dies kann von Ihnen, als sich kümmernde Angehörige, verlangen, die eigene Erwartung schrittweise herunterzufahren. Auch kleine Erfolge sind Fortschritte und sollten auch als solche wahrgenommen werden.

Fazit

Die drohende Verwahrlosung nahestehender Menschen erfordert eine frühzeitige und umfassende Reaktion. Offene Kommunikation, praktische Unterstützung, medizinische Versorgung und soziale Einbindung können dazu beitragen, die Situation zu stabilisieren.

Es ist wichtig, sowohl auf die Bedürfnisse Ihres Angehörigen einzugehen und gleichzeitig die eigenen Grenzen und Ressourcen im Blick zu behalten. Nutzen Sie Beratung und Hilfe, soweit es möglich ist.

Bei drohender Verwahrlosung von nahen Angehörigen kann unter Umständen ein Gespräch im Rahmen der psychosozialen Beratung von Amiravita helfen.


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