Pflegehilfsmittel – Anspruch, sichere Beschaffung und Schutz vor unseriösen Anbietern
Unerwünschte Angebote und Abo-Modelle
Immer wieder nehmen Anbieter Kontakt zu Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen auf, um sogenannte „Pflegeboxen“ anzubieten. Diese enthalten in der Regel Pflegehilfsmittel wie Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel oder Bettschutzeinlagen, deren Kosten üblicherweise von der Pflegekasse übernommen werden können.
Häufig werden solche Lieferungen als Abo-Modell vereinbart – mitunter, ohne dass den Betroffenen die langfristige Bindung und die regelmäßigen Liefermengen vollständig bewusst sind. So kann es passieren, dass über einen längeren Zeitraum deutlich mehr Produkte geliefert werden, als tatsächlich benötigt werden. Neben einer Verschwendung von Material und Ressourcen birgt dies auch das Risiko, dass unseriöse Anbieter diese Strukturen gezielt ausnutzen, um dauerhaft von Mitteln der Pflegekassen zu profitieren, ohne den tatsächlichen Bedarf im Blick zu haben.
Vorgehensweise unseriöser Anbieter
In der Praxis tarnen sich manche Anbieter am Telefon als Mitarbeitende von Pflegekassen oder Pflegediensten. Sie werben mit angeblich besonders günstigen oder sogar vollständig kostenfreien Angeboten und verschweigen dabei, dass damit eine regelmäßige Vertragsbindung entsteht. Ist ein solches Modell erst einmal abgeschlossen, fällt es Betroffenen häufig schwer, kurzfristig wieder auszusteigen – insbesondere, wenn die Abrechnung offiziell über die Pflegekasse läuft. Das Ergebnis sind nicht selten unnötige Lieferungen, finanzielle Belastungen und ein Verlust an Vertrauen in seriöse Versorgungswege.
Wer hat Anspruch auf Pflegehilfsmittel?
- Pflegehilfsmittel stehen grundsätzlich allen Personen mit anerkanntem Pflegegrad 1 bis 5 zu, die zu Hause gepflegt werden. Die wichtigsten Anspruchsvoraussetzungen sind:
- Die pflegebedürftige Person hat mindestens einen anerkannten Pflegegrad von 1 bis 5.
- Die Pflege findet zu Hause oder in einer vergleichbaren häuslichen Umgebung statt, zum Beispiel betreutes Wohnen oder Pflege-Wohngemeinschaft.
- Die pflegebedürftige Person wird zumindest teilweise von Angehörigen, Freunden oder einem ambulanten Pflegedienst versorgt.
- In stationären Pflegeeinrichtungen erhalten Bewohner Pflegehilfsmittel direkt über das Heim; zusätzlicher Anspruch gegenüber der Pflegekasse besteht hier nicht.
- Der monatliche Anspruch umfasst Pflegehilfsmittel zum Verbrauch im Wert von bis zu 42 Euro.
Beispiele für Pflegehilfsmittel sind:
- Einmalhandschuhe in verschiedenen Größen
- Bettschutzeinlagen zum Einmalgebrauch
- Flächen- und Händedesinfektionsmittel
- Mundschutz (medizinische Masken)
- Schutzschürzen
- Schutzservietten
Zusätzlich können quartalsweise wiederverwendbare und waschbare Bettschutzeinlagen bezogen werden.
Diese Hilfsmittel dienen dazu, die Pflege zu erleichtern, die Hygiene sicherzustellen und die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person zu fördern. Für die Antragstellung bei der Pflegekasse ist in der Regel ein formaler Antrag notwendig.
Beschaffungswege und Besonderheiten
Selbstversorgung
Zum einen können Pflegebedürftige oder deren Angehörige Produkte selbst in Apotheken, Sanitätshäusern oder Drogerien kaufen und die Kosten anschließend bei der Pflegekasse einreichen. Dabei werden nur offiziell anerkannte Pflegehilfsmittel erstattet; bestimmte Inkontinenzmaterialien erfordern ein ärztliches Rezept, einfache Pflegecremes gehören meist nicht zum Leistungsumfang. Vorab sollte ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden.
Pflegehilfsmittel über Vertragspartner
Vertragspartner sollten durch den GKV-Spitzenverband zugelassen sein und liefern direkt an die Pflegebedürftigen. Die Abrechnung erfolgt unmittelbar zwischen Anbieter und Pflegekasse, womit für die Betroffenen kein Erstattungsaufwand entsteht. Häufig sind solche Lieferungen jedoch Teil von Abonnements, die ohne regelmäßige Bedarfsprüfung leicht zu Übermengen führen können. Daher sollten die gelieferten Mengen regelmäßig überprüft und an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden.
Neue Regeln seit Juli 2024
Seit Juli 2024 gibt es strengere Vorschriften zur Vermeidung von Missbrauch:
- Anbieter dürfen Pflegebedürftige nur noch auf ausdrücklichen Wunsch kontaktieren
- Unaufgeforderte Anrufe oder Hausbesuche sind verboten.
- Pflegeboxen müssen individuell zusammengestellt sein – vorgefertigte Standardpakete sind nicht mehr zulässig.
- Außerdem ist vor der Beantragung der Hilfsmittel eine Beratung durch qualifizierte Fachkräfte verpflichtend, um den individuellen Bedarf zu ermitteln und Überversorgung zu verhindern.
Umgehungsversuche trotz verschärfter Vorschriften
Auch nach diesen Regelungen versuchen manche unseriöse Anbieter, die Vorschriften zu umgehen. Sie geben sich als Pflegekassenmitarbeiter aus, locken mit kostenfreien Hilfsmitteln und binden Betroffene an Liefermodelle, die mehr Produkte liefern als notwendig oder gar keine Lieferung erfolgen lassen, während dennoch abgerechnet wird. Besonders für Menschen ohne Pflegegrad führt dies häufig zu eigenen Kosten.
So schützen Sie sich vor unseriösen Angeboten
Geben Sie am Telefon keine persönlichen Daten wie Versicherungsnummer oder Bankverbindung preis, wenn Sie nicht sicher sind, wer anruft. Seien Sie skeptisch bei unerwarteten Angeboten, fragen Sie immer nach vollständigem Firmennamen und Produktdetails. Holen Sie bei Unsicherheit Rat bei Angehörigen oder Beratungsstellen ein. Verträge können oft innerhalb gesetzlicher Fristen widerrufen werden; Musterbriefe hierfür stellt die Verbraucherzentrale bereit. Verdächtige Vorfälle sollten umgehend der Pflegekasse und der Polizei gemeldet werden. Als Bezugsmöglichkeiten bevorzugen Sie Apotheken, Sanitätshäuser oder offizielle Vertragspartner der Pflegekasse.
Wichtige Hinweise zum sicheren Bezug
Die Pflegekasse übernimmt Kosten nur bei anerkanntem Pflegegrad. Vorsicht ist bei automatischen Bandansagen oder Telefonaten geboten, die nur Ja- oder Nein-Antworten zulassen. Auch Angebote zur Unterstützung bei Pflegegradanträgen oder kostenlosen Notrufsystemen sollten sorgfältig geprüft werden, da sich hinter diesen oft Abo-Fallen verbergen.
Fazit
Wer seine Rechte kennt, seriöse Bezugsquellen nutzt und regelmäßig prüft, ob die gelieferten Mengen dem tatsächlichen Bedarf entsprechen, schützt sich nicht nur vor unnötigen Ausgaben, sondern trägt auch zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen bei und vermeidet Betrugsrisiken