Eingabehilfen öffnen

Zum Hauptinhalt springen

Pflege und Gesundheit für Unternehmen, Hochschulen, öffentliche Verwaltungen und Institutionen

Mängel im Pflegeheim

Amiravita News, 13. Juni 2022

Pflegemängel im Pflegeheim

Die Versorgung im Pflegeheim sollte für alle BewohnerInnen einwandfrei und von hoher Qualität sein. Fehler können überall passieren. Stimmt die Pflege jedoch nicht, so dass Hygiene und Gesundheit leiden, sollten BewohnerInnen und Angehörige reagieren.

Sie müssen handeln, wenn:

  • Die Körperpflege mangelhaft durchgeführt wird
  • Wenn Inkontinenzvorlagen (Windelhosen) nicht regelmäßig oder immer/häufig erst zu spät gewechselt werden
  • Stürze regelmäßig vorkommen
  • Das Essen von schlechter Qualität ist
  • BewohnerInnen fixiert werden (z.B. am Rollstuhl)
  • Wertgegenstände verschwinden
  • Die Räume unsauber aussehen
  • Wenn es immer oder häufig unangenehm riecht
  • Private Grenzen überschritten werden

Wenn häufiger Fehler und Mängel vorkommen, sollten Sie Ihre Rechte und Möglichkeiten kennen, um dann auch entsprechend zu reagieren.

Grundsätzlich ist es ein gutes Zeichen, wenn trotz eines Fehlers, der einem Pflegeheim unterlaufen ist, dieser bei den Betroffenen angesprochen wird. Alternativ sollten Sie um einen Gesprächstermin bitten. Es ist sinnvoll, das Gespräch nicht direkt in einer Konfliktsituation zu führen, sondern erst etwas später. Führen Sie die Gespräche zunächst mit den PflegerInnen, erst wenn das nicht hilft oder die Mängel sehr gravierend sind, sprechen Sie mit der Heimleitung.

In einem Gespräch dürfen und sollten Sie konkrete Forderungen nach Verbesserungen stellen und einen weiteren Besprechungstermin verabreden, um zu schauen, ob eine Besserung eingetreten ist. Ein Beispiel, wenn die Sauberkeit nicht stimmt: Vereinbaren Sie eine Frequenz der Reinigung, überprüfen Sie oder Ihre Angehörigen diese und machen Sie das ist wichtig einen festen Besprechungstermin für eine Nachbesprechung aus, beispielsweise 14 Tage später.

Solche und andere Mängel kommen in Pflegeeinrichtungen leider immer wieder vor. Der anhaltende Pflegemangel in Deutschland macht die Situation nicht einfacher. Die Abhängigkeit von den Pflegekräften, die viele pflegebedürftige Personen sowie deren Angehörige empfinden, lässt sie allerdings zögern, sich negativ zu äußern. Damit ist jedoch weder Ihrem Angehörigen noch den Pflegenden geholfen. Sprechen Sie Mängel in einem neutralen Tonfall rechtzeitig an, so hat auch das Pflegeheim die Möglichkeit diese abzustellen, bevor die Situation eskaliert.

Tipp: Haben Sie den Eindruck, das Pflegeheim erbringt seine Leistung nicht oder nur sehr schlecht? Wir empfehlen Ihnen, unbedingt die Mängel zu dokumentieren.Dokumentieren Sie mit Hilfe von Notizen und Fotos Ihre Beobachtungen zu Mängeln, die Sie im Zweifel als Beweismaterial für etwaige Schadensersatzansprüche verwenden können. Auch Videoaufnahmen können ein gutes Mittel sein, um Missstände zu belegen. Sie können in Gesprächen mit der Pflegeeinrichtung zudem eine Person als ZeugIn mitnehmen.

Hinweis: Bevollmächtigte Angehörige haben per Gesetz Anspruch auf Akteneinsicht! Sie dürfen somit jederzeit die Pflegedokumentation verlangen.

Wenn keine Änderung erreicht wurde

Bei anhaltenden Konflikten mit der Pflegeeinrichtung, die sich auch durch klärende Gespräche - insbesondere mit der Heimleitung - nicht klären lassen, empfehlen wir Ihnen, sich mit einer Beschwerde an den Heimbeirat zu wenden. In vielen Fällen lassen sich dann die Probleme beheben.

Sollte es anders sein und die Mängel weiterhin anhalten, können Sie die Pflegekasse und die Heimaufsicht einschalten und über die Probleme informieren. Die Heimaufsicht hat u.a. die Aufgabe, die gesetzlichen Rahmenbedingungen einzuhalten, Mängel durch Anordnungen und Auflagen zu beheben sowie eine angemessene Pflege- und Betreuungsqualität sicherzustellen. Eine zuständige Heimaufsicht gibt es in jedem Bundesland.

Hinweis: Die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e.V. (BIVA) informiert ebenfalls in Konflikt- und Problemsituationen. Und es gibt die Universalschlichtungsstelle des Bundes des Zentrums für Schlichtung e.V., die weiterhelfen kann.

Zu guter Letzt haben Sie die Möglichkeit, gerichtliche Schritte mit Hilfe eines Rechtsanwalts einzuleiten. In jedem Fall sollten Sie Ihr Vorgehen schriftlich mit Datumsangaben dokumentieren.

Kostenkürzung, Schadensersatz und Schmerzensgeld

Wenn eine Pflegeeinrichtung die vereinbarten Leistungen nicht einhält und/oder Mängel aufweist, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen das Entgelt kürzen. Hierzu müssen Sie dem Pflegeheim zeitnah und ausdrücklich möglichst in schriftlicher Form - erklären, dass Sie Ihr Entgelt wegen mangelhafter Leistung kürzen möchten. Sie sind in der Beweisflicht. Das heißt, Sie müssen belegen, zu welchen Zeiten welche Leistungen mangelhaft gewesen sind und in welcher Höhe die Kürzung beabsichtigt wird.

Die Bemessung des Kürzungsbetrags hängt davon ab, wie stark die pflegebedürftige Person durch die Mängel beeinträchtigt wurde. Wir empfehlen Ihnen daher vor der Durchsetzung einer Entgeltkürzung ein Beratungsgespräch mit einem Anwalt oder einer Verbraucherzentrale.

Wichtig: BewohnerInnen, die Sozialhilfe erhalten, können eine Entgeltkürzung lediglich im Rahmen des Eigenanteils anstreben und wenden sich hierfür an die zuständige Pflegekasse sowie den Sozialhilfeträger.

Ein Recht auf Schadensersatz haben betroffene Personen dann, wenn durch den Aufenthalt im Heim ein materieller Schaden entstanden ist. Dann dürfen Sie von Ihrem Recht auf Wiedergutmachung Gebrauch machen. Schmerzensgeld hingegen gibt es, wenn die betroffene Person einen körperlichen Schaden, wie z.B. ein Dekubitus (Druckgeschwür), durch die mangelhafte Leistung der Pflegeeinrichtung erhalten hat. Wir empfehlen Ihnen auch hier, sich vorab anwaltlich beraten zu lassen, sollten Sie diesen Weg einschlagen wollen oder müssen.

Letzte Option Umzug in eine andere Pflegeeinrichtung

Selbstverständlich können HeimbewohnerInnen jederzeit auch ohne Angabe von Gründen in eine andere Pflegeeinrichtung umziehen. Hierzu muss der bestehende Betreuungs- und Versorgungsvertrag gekündigt und die darin genannte Frist eingehalten werden. Erst wenn ein derart schwerwiegender Grund vorliegt, der es dem/der BewohnerIn unmöglich macht, weiter bis zum Ende der Kündigungsfrist in der Einrichtung zu wohnen, kann auch fristlos gekündigt werden. Die Umzugskosten müssen in der Regel selbst getragen werden. Allerdings: Wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Versorgungs- und Betreuungspflicht grob verletzt, müssen die Umzugskosten in eine andere Pflegeeinrichtung voraussichtlich nicht von der pflegebedürftigen Person bezahlt werden.

HeimbewohnerInnen, die Verbesserungsmaßnahmen ablehnen, müssen wiederrum selbst die Kosten übernehmen. Lassen Sie sich hierzu am besten beraten.


Das könnte Sie auch interessieren

13. Dezember 2011
Ein junges Unternehmen aus Köln liefert neue Antworten auf eine immer drängendere Frage: Wie lassen sich Beruf und die Pflege eines Angehörigen besser vereinbaren? +++ 5 Millionen Deutsche sind pflege- und unterstützungsbedürftig +++ Jeder 6. pfle...
21. September 2020
Eine Langzeitanalyse der DAK-Gesundheit zeigt, dass im vergangenen Jahr jeder 18. Arbeitnehmer in Deutschland, wegen einer psychischen Erkrankung der Arbeit fernbleiben musste. Hochgerechnet waren damit rund 2,2 Millionen Menschen psychisch so sta...
24. Januar 2023
Krankheit und Tod durch Multimedikation? Krankenkassen bieten Medikamentenanalyse an "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker." So heißt es häufig in der Werbung von Arzneimitteln und so ähnlich steht es in allen Beipa...