Inkontinenz - kein Grund zur Scham
Inkontinenz - kein Grund zur Scham
Nach Schätzungen der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V. (DKG) leiden in Deutschland etwa 5 bis 8 Millionen Menschen an einer Inkontinenz. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Man spricht von einer Inkontinenz, wenn es nicht mehr gelingt, den Toilettengang zu beeinflussen und es somit zu unbeabsichtigtem Harn- oder Stuhlabgang kommt.
Insbesondere die große Scham führt dazu, dass Betroffene versuchen, ihre Blasenschwäche so lange wie möglich zu verheimlichen. Oft werden bereits bei beginnender Inkontinenz Vorlagen oder Windeln eingesetzt. Dabei wäre mit alternativen Therapien und Medikamenten eine effizientere Behandlung möglich. Urologen, Gynäkologen und Proktologen sind die passenden Ansprechpartner. In Kontinenz- und Beckenbodenzentren arbeiten Ärzte interdisziplinär. Nachfolgend möchten wir Ihnen Hinweise zu einem angemessenen Umgang mit einer Harninkontinenz geben.
Diagnose Inkontinenz
Bei den Betroffenen ist die Scham oft so groß, dass der Gang zum Arzt sehr lange hinausgezögert wird. Deswegen wird eine Inkontinenz oft zu spät diagnostiziert und behandelt.
Inkontinenz ist nicht selten ein Begleitsymptom einer anderen Erkrankung. So bringt zum Beispiel eine Demenzerkrankung, aber auch ein Diabetes ein hohes Risiko für eine Inkontinenz mit sich. Auch Medikamente, die zum Beispiel zur Behandlung einer Demenz eingesetzt werden, können die Blasenfunktion beeinträchtigen (z.B. Donezepil, Rivastigim oder Galantamin). Bei Männern kann auch eine Prostatavergrößerung der Grund sein. Es ist daher wichtig, dass der Arzt zunächst versucht, die Ursache der Inkontinenz zu ergründen bevor nur die Symptome behandelt werden.
Einige Ärzte neigen dazu, auch bei beginnender Inkontinenz direkt Vorlagen oder Windeln zu verordnen. Damit werden oft die Bemühungen ausgesetzt, die Inkontinenz zu beheben.
Wenn Ihr Angehöriger eine Blasenschwäche aufzeigt und vermehrt (auch tröpfchenweise) unkontrolliert Harn verliert, sollte dies unverzüglich mit einem entsprechenden Arzt abgeklärt werden. Der Arzt sollte auch auf andere vermeintlich nicht mit der Inkontinenz zusammenhängende Erkrankungen und vor allem Medikamente hingewiesen werden. Denn oft hilft schon eine bessere Abstimmung der Medikamente. Bei einer beginnenden Harninkontinenz sollte man zudem versuchen, mit gezielten Übungen - auch unterstützt durch Ergo- oder Physiotherapeuten - die Inkontinenz zu reduzieren oder zu beheben.
Inkontinenz im Pflegeheim
Pflegeheimbewohner leiden häufig an einer Harninkontinenz. In stationären Pflegeeinrichtungen scheint der Verbrauch von Windeln und aufsaugenden Ein- oder Vorlagen besonders hoch. Kritisiert wird dabei neben der Abhängigkeit des Betroffenen auch, dass die Harninkontinenz nicht als zu behandelnde Erkrankung betrachtet wird und zu wenig alternative Therapien angewendet werden. In fast allen Pflegeheimen sind Ergo- oder Physiotherapeuten tätig, die gemeinsam mit dem Pflegepersonal und mit den Bewohnern durch gezielte sogenannte Toilettentrainings einer Harninkontinenz vorbeugen oder lindern können.
Umgang mit der Inkontinenz
Damit Sie Ihren Angehörigen angemessen unterstützen können, haben wir Ihnen einige Punkte zusammengestellt, auf die geachtet werden sollte:
Eine Inkontinenz wird oft verheimlicht: Betroffene ziehen sich mehrmals am Tag um, dreckige Wäsche wird versteckt und entdeckte nasse Wäsche als einmaliges Ereignis abgetan.
- Wenn Sie eine Inkontinenz vermuten oder feststellen, sollten Sie das Thema behutsam ansprechen.
- Um das Bewusstsein für den Harnreiz und die Harnblase bei kognitiven Einschränkungen zu trainieren, sollte bei der Inkontinenzversorgung mit Hilfsmitteln darauf geachtet werden, dass nicht gleich zu Beginn die strapazierfähigste und saugfesteste Windel oder Vorlage eingesetzt wird. Ansonsten gewöhnt sich der Betroffene schnell an den Trockenschutz und der Toilettengang wird gerne einmal vergessen.
- Für die Diagnose sollte ein Facharzt aufgesucht werden. Sie können Ihren Angehörigen auch zu diesem Termin begleiten und ggf. auf die Medikamente hinweisen, die Ihr Angehöriger derzeit einnimmt.
- Bewegung und Sport können ebenfalls helfen. Eine Stärkung mit speziellen Übungen zur Stärkung des Beckenbodens kann die Symptomatik einer Blaseninkontinenz lindern oder bestenfalls sogar beseitigen.
- Auch die richtige Ernährung spielt eine gravierende Rolle bei Inkontinenz im Alter. Achten Sie auf die ausreichende Zufuhr von Ballaststoffen.
- Wenn möglich, verringern Sie Übergewicht, das Körpergewicht erhöht den Druck auf den Bauchraum
und die Blase. - Wenn Hausmittel nicht mehr ausreichen, können verschiedene Medikamente bei einer schwachen Blase helfen.
Tipp
Ist eine Harninkontinenz nicht mehr abwendbar, gibt es die Möglichkeit, dass der behandelnde Arzt die Vorlagen und Windeln verordnet. Auf diese Weise trägt die Krankenkasse den Großteil der Kosten für die Inkontinenzartikel.