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Häusliche Betreuung durch osteuropäische Hilfskräfte in Deutschland- Ein Überblick

Amiravita News, 01. September 2025
© Davor – stock.adobe.com

Seit vielen Jahren arbeiten in Deutschland zahlreiche Hilfskräfte aus osteuropäischen Ländern in Privathaushalten. Streng genommen handelt es sich dabei nicht um ausgebildete Pflegekräfte, sondern um Haushaltshilfen, die offiziell für Tätigkeiten wie Reinigung, Einkaufen, Kochen oder Alltagsbegleitung zuständig sind. In der Praxis übernehmen sie jedoch oft auch pflegerische Tätigkeiten. In manchen Fällen unterstützen sie auch bei kleineren pflegerischen Aufgaben, etwa bei der Mobilität, der Körperpflege oder beim Kleiderwechsel – allerdings nur dann, wenn dies erforderlich ist. Wichtig ist dabei, dass pflegerische Maßnahmen im Vorfeld abgeklärt werden: Es sollte geprüft werden, ob die zugeteilte Hilfskraft diese Aufgaben erfüllen kann, bereits Erfahrung mitbringt oder bereit ist, diese Erfahrungen zu sammeln.

Eine Behandlungspflege hingegen umfasst medizinische und pflegerische Maßnahmen, die notwendig sind, um eine Krankheit zu lindern, zu verhindern oder zu heilen. Dazu gehören beispielsweise Verbandswechsel, die Gabe von Medikamenten, Blutdruck- und Blutzuckermessungen sowie Injektionen. Solche Tätigkeiten dürfen ausschließlich von ausgebildeten Fachkräften durchgeführt werden. In diesen Fällen muss daher zusätzlich ein ambulanter Pflegedienst hinzugezogen werden. Besonders in der sogenannten „24-Stunden-Betreuung“, bei der die Hilfskräfte im Haushalt der betreuten Person leben, verschwimmen die Grenzen zwischen hauswirtschaftlicher Unterstützung und tatsächlicher Pflege. Für viele Familien wäre es allerdings ohne diese Form der Hilfe kaum möglich, die Betreuung oder Pflege ihrer Angehörigen überhaupt zu organisieren.

Gründe für die Beschäftigung

Die Nachfrage nach osteuropäischen Haushaltshilfen hat mehrere Ursachen:

  • Demografische Entwicklung: Die steigende Zahl älterer Menschen führt zu wachsendem Unterstützungsbedarf im Alltag.
  • Pflegekräftemangel: In der professionellen Pflege herrscht ein erheblicher Fachkräftemangel, wodurch Familien zunehmend alternative Betreuungsformen suchen
  • Knappheit an Pflegeheimplätzen: Pflegeheime verfügen häufig nicht über freie Kapazitäten. Plätze werden bevorzugt direkt nach Krankenhausaufenthalten vermittelt. Wartelisten bestehen vielerorts nicht mehr. Für Pflegebedürftige und Angehörige ist es oft schwer, bei eigener Suche zeitnah einen Platz zu finden – mitunter wird dies als „Glücksfall“ beschrieben. Wünsche oder Ansprüche an Lage und Ausstattung können dabei meist nicht berücksichtigt werden.
  • Finanzielle Aspekte: Haushaltshilfen aus Osteuropa gelten für viele Familien als im Verhältnis kostengünstigere Lösung im Vergleich zu stationären Einrichtungen oder professionellen Pflegediensten.
  • Flexibilität: Viele Kräfte sind bereit, über einen längeren Zeitraum direkt im Haushalt zu wohnen und umfassende Unterstützung zu leisten.
  • Verbleib im gewohnten Umfeld: Ein wesentlicher Vorteil der häuslichen Betreuung besteht darin, dass Pflegebedürftige in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können. Vorhandene Immobilien müssen nicht veräußert werden, und der Alltag kann weiterhin in gewohnter Atmosphäre stattfinden.

Rechtliche Rahmenbedingungen bei der Beschäftigung von Haushaltshilfen aus dem Ausland

Die Beschäftigung von Haushaltshilfen aus dem Ausland erfolgt oft in einem komplexen rechtlichen Rahmen, insbesondere bei Modellen wie der 24-Stunden-Betreuung. Die eigene Organisation der Beschäftigung ist rechtlich und organisatorisch riskant. Wer Wert auf Legalität, Sicherheit und Fairness legt, sollte eine erfahrene und geprüfte Agentur beauftragen, die sowohl die Rechte der Hilfskraft als auch die gesetzlichen Vorgaben umfassend wahrt.

Die wichtigsten rechtlichen Aspekte und Risiken im Überblick:

1. Arbeitszeitregelungen und „Rund-um-die-Uhr“-Betreuung

  • Die Arbeitszeit ist durch das deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) klar geregelt. Für Haushaltshilfen bedeutet das: Die maximale tägliche Arbeitszeit beträgt grundsätzlich 8 Stunden, kann aber auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden pro Werktag nicht überschritten werden.
  • Darüber hinaus sind Pausen- und Ruhezeiten zwingend einzuhalten (mindestens 11 Stunden ununterbrochene Ruhezeit pro Tag).
  • „Rund-um-die-Uhr“-Betreuung ist mit dem Arbeitszeitgesetz nicht vereinbar, da sie zu ständiger Bereitschaft und faktischer Überschreitung der zulässigen Arbeitszeiten führt.
  • Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz können zu empfindlichen Bußgeldern führen und im schlimmsten Fall als Ordnungswidrigkeiten oder sogar Straftaten verfolgt werden.

2. Einhaltung von Mindestlohnvorgaben

  • Auch für ausländische Haushaltshilfen gilt in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn (2025: 12,41 € brutto pro Stunde):
  • Der Mindestlohn gilt unabhängig von Herkunftsland und Aufenthaltsstatus für alle in Deutschland geleisteten Arbeitsstunden.
  • Bei einer 24-Stunden-Betreuung summieren sich die gesetzlichen Mindestlohnansprüche oft weit über das übliche Gehalt hinaus. Eine pauschale Bezahlung (z.B. 1.800 € pro Monat) deckt selten alle tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und kann zur Unterschreitung des Mindestlohns führen.
  • Werden Mindestlohnvorgaben nicht eingehalten, drohen dem Arbeitgeber Nachzahlungen, Bußgelder und ggf. strafrechtliche Konsequenzen. Auch bei Beschäftigung über Entsendemodelle gilt das deutsche Mindestlohngesetz.

3. Sozialversicherungsrechtliche Fragen

  • Sozialversicherungspflicht besteht grundsätzlich für sämtliche unselbstständige Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland:
  • Bei Entsendung aus einem EU-Land kann das Recht des Herkunftslandes gelten, sofern eine gültige A1-Bescheinigung (Entsendebescheinigung) vorliegt. Doch wird oft, insbesondere bei längerer Beschäftigung, deutsches Sozialversicherungsrecht relevant.
  • Fehlt die ordnungsgemäße Anmeldung bei den Sozialversicherungsträgern, drohen hohe Nachzahlungen und Bußgelder wegen Schwarzarbeit.
  • Selbständige Tätigkeit von Haushaltshilfen ist in der Praxis oft eine Schein-Selbstständigkeit mit entsprechenden Risiken für Auftraggeber und Haushaltshilfe (Nachforderungen, Strafverfahren).

Risiken bei eigener Organisation

Die eigenständige Organisation einer ausländischen Haushaltshilfe birgt erhebliche Risiken – insbesondere bei der Einhaltung von Arbeitsrecht, Mindestlohn und Sozialversicherung. Privatpersonen stoßen hier schnell an Grenzen, da die Unterscheidung zwischen Selbstständigkeit und Beschäftigung sowie die lückenlose Dokumentation der Arbeitszeiten oft fehleranfällig sind. Mehrere Gerichtsentscheidungen haben in den vergangenen Jahren verdeutlicht, dass auch für entsandte oder im Haushalt lebende Hilfskräfte die geltenden Arbeitsrechte einzuhalten sind. Fehler können im schlimmsten Fall zu hohen Nachzahlungen, Bußgeldern oder sogar Strafanzeigen führen. Wer dies vermeiden möchte, sollte auf eine seriöse Agentur setzen: Diese sorgt für rechtssichere Verträge, die Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben und übernimmt zudem die korrekte Abwicklung der Sozialversicherung, wodurch das Risiko rechtlicher Probleme deutlich sinkt.

Finanzielle und häusliche Voraussetzungen

Eine 24-Stunden-Betreuung zu Hause kann eine Alternative zum Pflegeheim darstellen, setzt jedoch bestimmte Rahmenbedingungen voraus. Dazu zählen:

  • Eigenkapital: Die Finanzierung muss in vielen Fällen überwiegend privat erfolgen. Im Gegensatz zu Pflegeheimen gibt es keine Leistungen wie Pflegesachleistungen oder Zuschüsse durch das Sozialamt. Für selbstbeschäftigte Hilfen steht nur das Pflegegeld – in Höhe des jeweils niedrigsten Anspruchs nach Pflegegrad – zur Verfügung.
  • Leistungen der Pflegekasse: Das Pflegegeld und jährliche Entlastungsbudget kann genutzt werden, um einen Teil der Kosten abzudecken. Die verbleibende Differenz muss durch die Pflegebedürftigen selbst getragen werden.
  • Durchschnittliche Kosten: Je nach Modell (direkte Anstellung, Entsendung über Agenturen, selbstständige Betreuungskräfte) liegen die monatlichen Gesamtkosten in der Regel zwischen 2.500 und 3.800 Euro. Die Spanne ergibt sich aus Faktoren wie Qualifikation, Sprachkenntnissen, Arbeitsmodell sowie der jeweils erforderlichen Betreuungsintensität. Damit sind die Kosten oft niedriger als in einem Pflegeheim, trotzdem für viele Familien finanziell nur schwer zu bewältigen.
  • Wohnsituation: Für die Betreuungskraft muss ein eigenes Zimmer als Rückzugsort vorhanden sein. Ein Internetanschluss gilt heute ebenfalls als notwendige Voraussetzung.
  • Arbeitszeiten: „24-Stunden-Betreuung“ bedeutet nicht, dass die Hilfskraft ununterbrochen arbeitet. Auch sie benötigt Pausen, ausreichend Schlaf, Zeit für die eigene Pflege und Freizeit. (s. auch rechtliche Rahmenbedingungen)

Passung und Erfahrungswerte

Bei der Auswahl einer Haushaltshilfe sollten Familien beachten, dass nicht jeder Bewerber oder jede Bewerberin vollständig zu den individuellen Anforderungen passt. Erfahrungen in der Pflege, der Umgang mit einer möglichen Sprachbarriere sowie kulturelle oder religiöse Unterschiede können eine Rolle spielen.

Wir empfehlen, bevor Sie sich für eine Hilfe entscheiden, vorab ein persönliches Gespräch mit den Kandidaten zu führen – idealerweise per Videotelefonie. So können Sie sich die Person live sehen und hören, die Sprachbarriere besser einschätzen, die gegenseitige Sympathie prüfen und beurteilen, wie beide Seiten aufeinander eingehen und ob sie dieser neuen Herausforderung gemeinsam gewachsen sind.

Erfahrungen mit Osteuropäischen Betreuungskräften

Wichtig ist zunächst zu verstehen, dass es sich bei osteuropäischen Betreuungskräften in der Regel nicht um ausgebildete Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen handelt. Anders als bei einem deutschen Pflegedienst kann man keine examinierte Altenpflegerin, Krankenschwester oder ausgebildete Pflegehilfskraft erwarten. Meist werden Haushaltshilfen vermittelt, die nach Absprache kleinere pflegerische Tätigkeiten übernehmen können.

Daher ist es besonders wichtig, im Vorfeld genau zu besprechen, welche Aufgaben die Hilfskraft übernehmen soll und auch übernehmen möchte.

  • Fragen Sie gezielt nach ihren bisherigen Erfahrungen
  • Äußern Sie klar Ihre Wünsche, Bedürfnisse und Arbeitszeiten
  • Geben Sie konkrete Aufgaben vorher bekannt

Genauso wichtig ist es, dass auch die Hilfskraft ihre Wünsche äußern kann. Schließlich soll sie sich fernab ihrer Heimat ebenfalls wohlfühlen. Ein guter Start entsteht dann, wenn beide Seiten ihre Erwartungen offenlegen.

Falls es zu Missverständnissen oder Schwierigkeiten kommt, sollte der Vermittler jederzeit ansprechbar sein. Dieser muss Lösungen anbieten, eingreifen und im Notfall auch die Hilfskraft austauschen oder zurückholen. Auch dieser Punkt sollte vorab geklärt werden.

Amiravita Erfahrungsbericht

Unsere Pflegeberaterin Jasmin Aschenbrenner zeigt hier beispielhaft einen Blick hinter die Kulissen und einige persönliche Erfahrungen:

Jasmin Aschenbrenner:

Ich habe sowohl positive als auch negative Einblicke gewonnen, die einige Punkte zeigen, worauf bei der Auswahl und Organisation einer häuslichen Betreuung besonders geachtet werden sollte.

 

Positive Erfahrungen

Es gab sehr viele positive Rückmeldungen von Pflegebedürftigen, Angehörigen und auch von den Betreuungskräften selbst.

 

Ein Beispiel:

Eine Hilfskraft integrierte sich sofort herzlich in die Familie. Sie kochte abwechselnd traditionelle Gerichte aus ihrer Heimat und übernahm auch gerne die Rezepte der Familie. Gemeinsames Kochen und Essen sorgte für eine positive Stimmung und Harmonie.

 

Zusätzlich übernahm sie pflegerische Aufgaben wie Unterstützung bei der Körperpflege, beim Kleiderwechsel und gestaltete täglich eine schöne Frisur. Neben ihrer Arbeit hatte sie aber auch ausreichend Zeit für sich – nach dem Mittagessen zwei bis drei Stunden für Spaziergänge, zum Lesen oder um ein Hörspiel zu hören. Nachts konnte sie ungestört schlafen, da kein Hilfebedarf bestand. Auch Videogespräche mit der eigenen Familie waren problemlos möglich.

Die Zusammenarbeit verlief so gut, dass die Hilfskraft nicht nur eine Unterstützung, sondern ein Teil der Familie wurde. Ausflüge, Gesellschaftsspiele und sogar die Teilnahme an Familienfeiern gehörten selbstverständlich dazu – ein echtes Vorzeigebeispiel.

 

Negative Erfahrungen

Es gibt jedoch auch schwierige Fälle:

Eine Hilfskraft kam mit sehr schlechten Deutschkenntnissen und persönlichen Problemen in einen Haushalt. Sie verschlief häufig, war unmotiviert, wirkte abwesend und telefonierte bei jeder Gelegenheit. Hinzu kam, dass sie zwischendurch Alkohol trank und regelmäßig verschwand. Trotz Meldung an die Vermittlungsfirma konnte keine Lösung gefunden werden. Schließlich wurde die Hilfskraft abgeholt, und die Familie war so enttäuscht, dass sie sich für einen Heimplatz entschied und keine weitere Vermittlung mehr annehmen wollte.

 

In meiner Arbeit als Pflegeberaterin habe ich viele positive und negative Geschichten erlebt – nicht nur mit osteuropäischen Haushaltshilfen, sondern auch mit ortsnahen Pflegediensten und Pflegeheimen. Überall, wo Menschen zusammenkommen, treffen auch unterschiedliche Kulturen, Sprachen und Erwartungen aufeinander.

 

Das Wichtigste ist die Kommunikation. Ein ausführliches Gespräch im Vorfeld, idealerweise live oder per Videotelefonie, kann Missverständnisse vermeiden und die Zusammenarbeit erheblich erleichtern.

 

Fazit

Experten gehen davon aus, dass der Bedarf an Haushaltshilfen aus Osteuropa in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Damit verbunden ist die Notwendigkeit klarer und praktikabler Regelungen, die sowohl den Schutz der Arbeitskräfte sicherstellen als auch Familien eine finanzierbare Betreuung ermöglichen. Diskutiert werden unter anderem staatliche Förderungen für häusliche Pflege sowie der Ausbau legaler Beschäftigungsmodelle über Vermittlungsagenturen. Doch bei aller rechtlichen und finanziellen Betrachtung darf man nicht vergessen, dass häusliche Betreuung immer auch eine Frage der menschlichen Nähe ist.

Entscheidend für das Gelingen ist, dass Vertrauen entsteht und die Beziehung zwischen Betreuungskraft und Familie getragen ist von Respekt, Wertschätzung und einem guten Miteinander – denn erst dann kann Betreuung auch wirklich zu einem Stück gelebter Fürsorge und Menschlichkeit werden.


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